„Singen“ stillt das Heimweh und macht andere glücklich
Gegen 18 Uhr jeden zweiten und vierten Freitag tönen fernöstliche Melodien aus dem Gebäude der Caritas in der Landwehrstraße 26 in München.
Mehr als ein Dutzend koreanische Frauen üben die Volkslieder und die moderne Lyrik aus ihrem Heimatland. Zu einem Großteil besteht der Chor aus koreanischen Krankenschwestern, die in der Zeit zwischen 1965 und 1975 nach Deutschland gekommen sind. Die meisten sind mit einem Deutschen verheiratet. Einige Mitglieder sind Frauen, die wegen ihres Studiums nach Deutschland gekommen sind. Durch das gemeinsame Interesse am Singen ist eine enge Freundschaft zwischen den Mitgliedern entstanden.
„Wenn wir singen, vergessen wir den alltäglichen Stress und es bleibt nur die Freude“, sagt Yoen-Ju Jäschke, die seit 1994 Mitglied ist. Die Plauderei in der Pause und nach der Gesangsübung ist auch ein wichtiger Faktor, der die Mitglieder wie ein Magnet anzieht. Sielachen viel und ihr Lachen klingt auch wie ein Lied in einer paradiesischen Atmosphäre.
Geburt des Chors
Der koreanische Frauenchor wurde am 28. Februar 1992 gegründet. Die Mitglieder hofften, durch Lieder und Gespräche in der eigenen Muttersprache Koreanisch das Heimweh stillen zu können. „Wir sprechen im Alltag Deutsch, wir brauchten eine Institution, wo wir regelmäßig koreanisch sprechen konnten. Ein paar Freundinnen haben beschlossen, dass wir uns nicht nur als kleine Clique zu Kaffee und Essen treffen, sondern noch etwas Wertvolleres tun können. So kam uns die Idee, einen Chor zu gründen“, erzählt das Gründermitglied Jeong-Sook Demmel. Insgesamt besteht der Chor aus 20 Mitgliedern. Durchschnittlich kommen 15 Chorsängerinnen zur Übung.
An jedem vierten Freitag singen sie nicht nur, sondern essen auch gemeinsam zu Abend. Jede bereitet ein Gericht vor, im Chor wird es serviert und alle essen gemeinsam. Dabei entstehen schöne Gespräche und es wird wieder viel gelacht. Wenn ein Mitglied Geburtstag hat, feiert man zusammen. Bei der letzten Geburtstagsfeier haben fast alle Frauen zu Hause gekocht und zur Feier etwas mitgebracht. Es gab typisch koreanische Nationalgerichte, zum Beispiel Jabche, Teok, Bulgogi, Namul, Kimchi Bindaeteok und Mandu, Speisen, die man nicht täglich auf dem Tisch finden kann. Viele Koreaner und Koreanerinnen lieben das Singen. Manche mögen Karaoke, manche bevorzugen lieber Klassik.
Singen auch für Andere
Der Koreanische Frauenchor tritt zu jedem koreanischen Fest in München auf, zum Beispiel an Neujahr, Erntedank oder bei der ersten Vollmondfeier. Dazu kommt noch ein Weihnachtskonzert. Sie kleiden sich bei jedem Auftritt in ihre schöne koreanische Volkstracht Hanbok“.
„Wir wollen unsere Freude an andere Menschen weitergeben“, begründet die Chorvorsitzende Ahn-Soon Kim, warum sie regelmäßig die Konzerte in deutschen Seniorenheimen geben. „Sie sind sehr begeistert und glücklich. Natürlich singen wir auch deutsche Lieder, und viele Leute aus dem Publikum singen mit, so sind wir alle gemeinsam glücklich“, fügt Ahn-Soon Kim hinzu.
Während die schönen Melodien im Übungsraum des Caritas-Hauses schweben, duftet es nach gutem Essen, heute ist wieder der vierte Freitag.
all images | © Dr. Myung-Seon Oh